Einfach verständliche Gesundheitsinformationen - wie geht das?

Einfach verständliche Gesundheitsinformationen - wie geht das?

Gesundheitsinformationen sollten gerade für benachteiligte Zielgruppen möglichst niederschwellig zugänglich sein. Wie komplexe Inhalte einfach verständlich vermittelt werden können, erläutert die Kommunikationsexpertin Cornelia Kabus im Interview.

Autor

Rosanna Wachter, Bachelor of Science ZHAW Gesundheitsförderung und Prävention

«Wenn etwas leicht zu lesen ist, dann war es schwer zu schreiben.» (Enrique Jardiel Poncela, spanischer Autor und Journalist)

Wie erstellt man einfach verständliche Gesundheitsinformationen?

Alle Menschen haben ein Recht auf verständliche Gesundheitsinformationen. In der Schweiz und in Deutschland haben etwa ein Drittel aller Erwachsenen Mühe, komplexe Texte zu lesen und zu verstehen. In Gesundheitsförderung und Prävention wird jedoch oft zu wenig auf die Verständlichkeit der Inhalte geachtet, sodass leseungewohnte Menschen weniger leicht einen Zugang zu den Informationen finden. Auch für Migrantinnen und Migranten mit wenig Kenntnissen der Landessprache(n) kann dies ein Problem darstellen, denn Informationsmaterialien können nicht immer in alle Migrationssprachen übersetzt werden. Im Interview erklärt Cornelia Kabus, wie einfache Sprache das Verständnis von Gesundheitsinformationen verbessern kann und worauf Fachpersonen beim Erstellen von Informationsmaterialien achten sollten.

Frau Kabus, warum ist es wichtig, dass Gesundheitsinformationen in einfacher Sprache zur Verfügung stehen?

Aufgrund der Digitalisierung stehen immer mehr Informationen in schriftlicher Form zur Verfügung. Dies erschwert für viele Menschen das Verständnis, da Hilfsmittel wie beispielsweise Gestik, Mimik, Betonung, Satzmelodie oder die Möglichkeit nachzufragen wegfallen. Zudem wird im Alltag meist Dialekt gesprochen. Das Lesen von Schriftsprache kann für leseungewohnte Menschen fast wie eine Fremdsprache empfunden werden. Deutsch ist eine sehr komplexe Sprache, die zunehmend schwieriger wird durch die verbreitete Verwendung von Fachsprache. Und in Bezug auf Menschen mit Migrationshintergrund: hier können Gesundheitsinformationen nicht immer in alle Migrationssprachen übersetzt werden. Ausserdem gibt es in dieser Bevölkerungsgruppe Menschen, die erst hier in der Schweiz lesen und schreiben lernen. Das Übersetzen in Migrationssprachen ist kostenintensiv und nicht immer zielführend, wenn die Personen in ihrer Herkunftssprache die Fachsprache auch nicht verstehen.

Wenn Gesundheitsinformationen in einfacher Sprache zur Verfügung stehen, werden sie von leseungewohnten Zielgruppen besser verstanden. Dies wiederum fördert das Vertrauen in die Fachpersonen, die diese Materialien abgeben. Werden die Informationen oder Gesundheitsempfehlungen besser verstanden, werden sie von der Zielgruppe auch eher umgesetzt. Informationen in einfacher Sprache zur Verfügung zu stellen, verbessert die Gesundheitskompetenz dieser Zielgruppen in Bezug auf das Verständnis und die Umsetzung von Gesundheitsinformationen.

Wie sind Ihre bisherigen Erfahrungen mit Gesundheitsinformationen? Was können Fachpersonen tun, um das Verständnis ihrer Informationen zu verbessern?

Oft bestehen Fachpersonen darauf, dass Informationen eins zu eins übersetzt werden sollen. Dabei ist es wichtig zu verstehen, dass es nicht um Korrektheit geht, sondern um Verständnis. Da könnten sich viele Fachpersonen noch verbessern. Oft werden Patientinnen und Patienten durch verständliche Erklärungen unnötige Sorgen genommen. Wenn diese ihre Befunde verstehen, halten sich eher an ihre Therapie und sind insgesamt gesundheitsbewusster. Wir wissen, dass gute, verständliche Informationen langfristig zu einer größeren Gesundheitskompetenz und in der Folge auch zu besserer Gesundheit beitragen.

Worauf sollten Fachpersonen aus dem Gesundheitsbereich achten, wenn sie selbst Texte oder Informationsmaterialien in einfacher Sprache schreiben?

Hierzu ein paar einfache Tipps, die beim Schreiben beachtet werden können:

  • Aus Sicht der Lesenden denken.
  • Verständnis und Antworten auf wichtige Fragen/Aspekte sind wichtig, nicht fachliche Details.
  • Es genügt nicht, medizinische Fachausdrücke zu verwenden oder zu übersetzen. Wichtig ist eine Erklärung, was dabei im Körper passiert.
  • Nicht nur Fachsprache, auch Wörter aus der Bildungssprache möglichst vermeiden.
  • Wenn schwierige Wörter nicht vermieden werden können, dann ist es wichtig, sie zu erklären.
  • Vertiefte Sprachkenntnis ist wichtig. In einfacher Sprache zu schreiben, ist schwierig.
  • Genügend Zeit einberechnen. Einfach schreiben ist aufwändig und brauch viel Know-How.

Ist die Sprache der einzige Aspekt, den es zu berücksichtigen gilt oder können weitere Aspekte die Verständlichkeit verbessern?

Nein, auch die Form ist wichtig. Die Schrift sollte gross genug sein. Zudem sollte eine gängige Schriftart wie beispielsweise Arial gewählt werden. Ein lockerer Zeilenabstand und Zwischentitel verbessern die Lesbarkeit ebenfalls. Hervorhebungen sind fettgeschrieben einfacher erkennbar als kursiv oder unterstrichen. Der Einsatz von Bildern kann die Verständlichkeit ebenfalls unterstützen. Allerdings können Symbolbilder, Icons, Diagramme und Tabellen überfordernd und schwierig zu interpretieren sein.

Wie kann überprüft werden, ob die Informationen von der Zielgruppe verstanden und akzeptiert werden?

Idealerweise wird die Verständlichkeit der Texte mit der Zielgruppe getestet. Das ist allerdings nicht ganz einfach, da die Zielgruppe «Menschen mit geringen Deutschkenntnissen» sehr heterogen ist. Sie unterscheiden sich in Bezug auf ihr Vorwissen je nach Herkunft, Alter, Geschlecht, Bildungsstand, Beruf usw. Wenn es aus diesen Gründen nicht möglich ist, Rückmeldungen der Zielgruppe bereits bei der Konzipierung der Informationsmaterialien einzubeziehen, sollten diese zumindest vor der Fertigstellung oder Veröffentlichung eingeholt werden und allenfalls Anpassungen gemacht werden.

Unterstützung beim Erstellen und Prüfen von Gesundheitsinformationen in einfacher Sprache

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Cornelia Kabus ist Kommunikationsfachfrau mit langjähriger und vielseitiger Erfahrung: Redaktorin von Zeitschriften in der Entwicklungszusammenarbeit, selbständige Übersetzerin und Lektorin, Kommunikationsverantwortliche an der Musikschule Konservatorium Bern, Fotografin und Grafikerin am Kinderspital in Basel. Bis Dezember 2022 leitete sie das „Büro Leichte Sprache“, welches sie nun unter dem Label „ACH SO!“ als eigenständiges Unternehmen in Kooperation mit dem WohnWerk Basel weiterführt. In ihrer Tätigkeit als Texterin und Weiterbildnerin für leichte und einfache Sprache kann die gelernte Schauspielerin alle Facetten ihres Berufsweges zusammenführen.
Cornelia Kabus ist Kommunikationsfachfrau mit langjähriger und vielseitiger Erfahrung: Redaktorin von Zeitschriften in der Entwicklungszusammenarbeit, selbständige Übersetzerin und Lektorin, Kommunikationsverantwortliche an der Musikschule Konservatorium Bern, Fotografin und Grafikerin am Kinderspital in Basel. Bis Dezember 2022 leitete sie das „Büro Leichte Sprache“, welches sie nun unter dem Label „ACH SO!“ als eigenständiges Unternehmen in Kooperation mit dem WohnWerk Basel weiterführt. In ihrer Tätigkeit als Texterin und Weiterbildnerin für leichte und einfache Sprache kann die gelernte Schauspielerin alle Facetten ihres Berufsweges zusammenführen.

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